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Wilder Kaiser, Totenkirchl-Giro (2190m)

"Kirchlexpress" (T. Niedermühlbichler u. Gefährten, 6.8.2003) 1.Teil (V+ E2+)
"Damenhandtasche" (B.Schnürch u. G. Heinrich, 4.7.2015) 2.Teil (V- E5)
"Südverschneidung" (A.v.Miller u. F.Weiß, 1923) 3.Teil (V- E3)

Totenkirchl-Giro mit Ostwand-Sockel, Winklerscharte, Südwand und Nordseite


Herrliche Genußkletterei wechselt mit schattiger Kühle und exponierter Südwand

Die einjährige Kletterpause mit Guido bedurfte eines fulminanten Starts...das stand mir im Sinn, als ich diese "Eingehtour" vorschlug. Da unser letztes gemeinsames Abenteuer am Totenkirchl endete (siehe Westwand Dülfer), sollte es hier wieder fortgesetzt werden. Da Guido aus den Überraschungen meiner Tourenvorschläge gelernt hatte, staunte ich nicht schlecht, als er auf der Strips abends eine Daunenjacke aus dem Rucksack zauberte! Es waren den ganzen Tag und ohne abendliche Gewitterwarnung gefühlte 35°C im Schatten. Dafür trug er die Trinkblase im Rucksack ungefüllt den ganzen Tag spazieren, was mal wieder dazu führte, das wir so ab 16 Uhr nichts mehr zum Trinken hatten....mit den bekannten Begleiterscheinungen!


Der 1.Teil des Giro bedient sich der unteren SL des Kirchlexpresses

 Die Strategie war wie folgt: maximal kurzer Zustieg, langes Klettervergnügen plus Einsamkeit plus zünftige Einkehr. Da bleiben nicht viele Möglichkeiten im Kaiser.

1.SL im Kirchlexpress

Am Beginn der 5er Länge - rau und nicht steil
 Als ich in die 2.Sl startete und Guidos Blicken entschwand, wußte ich nicht, dass er seine große Morgentoilette erledigte, während ich mich 40 Meter oberhalb mit den Tücken meines Schuhwerks auf Reibungsgegendruck abmühte. Mir ist es ein Rätsel wie man Seil ausgeben und gleichzeitig den Hintern putzen kann? Aber Guido ist eben Multitasking fähig :-).

Guido beim Nachfüllen
Nach den ersten drei aufwendigeren Seillängen legt sich das Gelände zurück und lädt zum Pausieren ein.

Gehgelände bis ins Schneekar, dem Kaisergletscher

"Damenhandtasche" führt durch einen brüchigen Wandteil und quert unter die Winklerscharte
Um nicht bis ans obere Ende des "Schneelochs" laufen zu müssen und den Umweg über die Verbindungsschrofen zwischen Fleischbank- und Winklerscharte zu nehmen, wollten wir einen direkten Weg durch den südlichen Teil der Ostwand suchen. Das Intermezzo endete in halber Höhe in absolutem Bruchgelände und nur eine Traversierung nach Süden beendete diese Nervenschlacht. Da man fast jeden Griff aus der Wand "ziehen" konnte, und selbst Friends keine vertrauenserweckenden Sicherungspunkte darstellen, nannten wir die Route "Damenhandtasche" in Anlehnung an selbige. (Mitglieder des männlichen  Geschlechts werden mir zustimmen beim Blick in die Transportbeutel unserer Frauen...man kann alles einzeln rausziehen:-)

Seilfreier Zustieg ins "Bruchland"

Lange Querung in kletterbareres Gelände Richtung Winklerscharte

Unterhalb der Winklerscharte, IIIer und IVer Gelände
Wir fanden eine vergammelte Schlinge und einen rostigen Felshaken in diesem Gelände. Am besten orientiert man sich an der Felsstruktur. Es gibt zwischendrin bombenfesten Kaiserfels, und eben dieses abwärts geschichtete kleinsplittrige Bruchzeugs. Hin und wieder lassen sich Friends bis Größe 2 und Keile legen. Neben den festen hellen Kalksteinen gibt es diesen Reibeisenfels der nach unten geöffnete Risse besitzt. Man sollte auf jeden Fall mind. 3 Friends verspannen. Schlingen lassen sich kaum legen, da es keine festen freistehenden Zapfen gibt. Einzig lange Felshaken würden eine sichere Verankerung darstellen. Nach der Traverse über 60 Meter wird der Fels besser. 

Die Tour ist nur etwas für nervenstarke Geher die keine Angst vor losem Gestein haben und ein gutes Auge für gangbares Gelände.

Ausstieg in die Winklerschlucht (Scharte)

Fleischbank und Christaturm, dazwischen die Fleischbankscharte

Blick auf den Südgrat des Totenkirchl

Südseite des Totenkirchl

Blick in den oberen Teil der Winklerschlucht

Zustiegsgelände zur Einsteigsterasse der Südwandrouten

Markanter Felsturm am Ende der Winklerschlucht

Am Einstieg der Südverschneidung. Fantastische Aussichten und beste Kletterei

Standplatz am Einstieg der Südverschneidung

Den ersten Standplatz (immer Doppel-Bühler) haben wir vornehm ausgelassen und sind in leichtem Gelände auf die Terrasse geklettert. Am bequemen Einstieg in die auffallende Rißverschneidung gibt es keine Bohrhaken. Die erste Seillänge führt über einen Vorbau in den Riß. Nach ein paar Metern weiß man nicht, ob man sich halb hineinquetschen und hochrampfen soll oder außen an den grifff-und trittlosen Felsen hochstemmt.Es stecken nur 2 Bohrhaken auf 50 Metern, aber Friends lassen sich super gut in dem Rißgrund platzieren.

Blick aus der herrlichen Rißverschneidung (IV+)

Bequemer Standplatz nach der 1. SL


In der fantastischen 2. Sl (IV-)
Unterhalb des Überhanges geht es leichter zu als man von unten vermutet
3.SL mit Schlüsselstelle
Die Schlüsselstelle mit V- klassifiziert fordert den Ausstieg aus der senkrechten Rißverschneidung über eine glatte Platte. Der Bohrhaken unterhalb sichert nur den Sturz, kann aber nicht genullt werden.
Tip: Ein Friend Gr.2 in den Riß rechts unterhalb der überhängenden Platte verkürzt den Flug bei einem mißglückten Ausstiegsversuch :-)!

In der Schlüsselstelle. Die verlängerte Exe zeigt die Stelle wo der Friend bombensicher sitzt.


Und so sieht der glückliche Nachsteiger aus!

Eingezeichnete Route durch die Südverschneidung und den Südgrat

Es folgt noch ein unangenehmer schiefer Riß nach der Verschneidung auf dem Grat. Der Bohrhaken sitzt extrem hoch, so daß man zwingend den glatten Einstieg klettern muß. Die Stelle ist zwar nur mit IV+ angegeben, fühlt sich aber wie eine V+ oder sogar VI- an, verglichen mit den anderen Stellen zuvor. Der letzte Teil zum Gipfel ist unklar, also am besten der Nase nach.


Diesmal sonniges Gipfelglück

Der mühsame Abstieg und der Durst in der Hitze machen den Weg durch den ständigen Blick auf die nahe Strips mit den eiskalten Spezies und Weizen vor dem geistigen Auge zu einer echten Tortur!